Familiengründung während der Auslandsentsendung – wie Eltern als starkes Team Familie und globale Karriere vereinbaren können Elternzeit
Aus der Reihe „Elternzeit Possibility Models“
Elternzeit in der Auslandsentsendung
Familiengründung während der Auslandsentsendung – wie Eltern als starkes Team Familie und globale Karriere vereinbaren können Elternzeit
Von Diana Tübke

Vanessa hat meine Elternzeit-Possibility-Reihe auf LinkedIn entdeckt und war sofort begeistert. Sie setzt sich leidenschaftlich für die Vereinbarkeit von Karriere und Familie sowie für eine partnerschaftliche Elternschaft ein. Mit ihrem Beispiel möchte sie anderen Müttern Mut machen, trotz Kinderwunsch ihre Karriere voranzutreiben. Vanessa arbeitet in einer globalen Führungsposition in einem DAX-Konzern und hat drei Kinder im Alter von 8, 6 und 3 Jahren.
Im Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen und den Herausforderungen, die sie gemeistert hat.
Drei Kinder und drei Länder – Vanessas Geschichte
1. Ein mutiger Schritt ins Ausland und das erste Kind
Vanessa wusste schon früh, dass sie Familie und Karriere unter einen Hut bringen wollte. „Mein Mann und ich haben uns von Anfang an intensiv darüber ausgetauscht, wie wir Erziehung und berufliche Ambitionen unter einen Hut bringen können“, erzählt sie.
Ihr erstes Angebot für einen mehrjährigen Auslandseinsatz in den USA erhielt sie zu einem Zeitpunkt, als ihre Familienplanung bereits konkreter wurde. Sie kommunizierte dies offen und fand große Unterstützung bei ihren Vorgesetzten. „Ich hatte tolle Vorgesetzte, die mich zu diesem Schritt ermutigt haben“, erinnert sich Vanessa.
„Als ich während des Auslandseinsatzes schwanger wurde, gab es dafür keine Regelung“, erinnert sie sich. Man riet ihr, den Einsatz abzubrechen und nach Hause zurückzukehren. Doch dank ihrer klaren Vorstellungen und der Unterstützung ihrer Führungskraft konnte sie ihre Pläne durchsetzen. Sie brachte ihr erstes Kind im Ausland zur Welt und blieb drei Monate zu Hause. Danach arbeitete sie drei Monate lang zehn Stunden pro Woche, betreute ihr Team und kümmerte sich um Führungsthemen – einen Tag im Büro, den Rest zu Hause. Ihr Partner hatte an ihrem Bürotag seinen Home-Office-Tag, und sie stellten, wie in den USA üblich, eine Nanny ein.
Nach diesen sechs Monaten arbeitete Vanessa Vollzeit und begann wieder zu reisen. „Ich habe überall auf der Welt Milch abgepumpt, sogar im Flugzeug, und mein Kind gestillt, bis es ein Jahr alt war“, sagt sie. Ihr Mann nutzte die lokalen Regelungen in den USA und blieb in dieser Zeit drei Monate zu Hause, womit er in seiner amerikanischen Firma als Vater zu den Vorreitern gehörte.
2. Nach dem 2. Kind zurück nach Deutschland
Auch bei ihren beiden weiteren Kindern setzten Vanessa und ihr Mann auf eine gut abgestimmte Elternzeitplanung und partnerschaftliche Lösungen. Das zweite Kind kam nach 2 Jahren zur Welt, als sich der Auslandseinsatz dem Ende neigte. Vanessa brachte das Kind in den USA zur Welt, nahm acht Wochen Mutterschutz und kehrte dann mit ihrer Familie nach Deutschland zurück. Hier nahm sie sieben Monate Elternzeit, da ihr Mann aufgrund einer neuen Arbeitsstelle keine Elternzeit nehmen konnte. Danach unterstützte ihre Schwiegermutter drei Monate lang bei der Betreuung, bis auch ihr zweites Kind mit einem Jahr in die Kita kam.
3. Vereinbarkeit in Deutschland
Zurück in Deutschland fiel ihnen sofort auf, wie viel unflexibler die Kinderbetreuung im Vergleich zu den USA ist. Als beide Kinder in die Kita gingen, lebten sie “das typische Setup”: “Einer fängt früh an und hört um 16 Uhr auf, um die Kinder abzuholen. Und der andere bringt die Kinder morgens und fängt um 8 Uhr an zu arbeiten”. Auch hier erfuhr sie gute Unterstützung von ihrer Führungskraft, die ihr, selbst Mutter aus Großbritannien, empfahl: “Bleib auf jeden Fall in Vollzeit – du machst einen Vollzeitjob, dann solltest du auch nicht weniger verdienen.” Gerade in ihrem globalen Job konnte sie ihre Arbeitszeit flexibel auf die verschiedenen Zeitzonen, in denen sie arbeitete, verteilen. Zusätzlich nahm sie punktuell Unterstützung im Haushalt in Anspruch. “Denn die Zeit mit meinen Kindern ist mir einfach zu wertvoll, um Wäsche zu falten”, sagt sie.
4. Ihr 3. Kind in Zeiten der Pandemie
Das dritte Kind wurde während der Corona-Pandemie geboren, was zusätzliche Herausforderungen mit sich brachte. Vanessa und ihr Mann teilten sich wieder die Elternzeit, wobei Vanessa die ersten sieben Monate zu Hause blieb und ihr Mann anschließend sieben Monate Elternzeit nahm. Mit der Unterstützung ihres Aupairs meisterten sie die Pandemie mit all ihren Vereinbarkeitsherausforderungen gemeinsam.
5. Das Ausland ruft erneut
Inzwischen ist sie mit ihrer ganzen Familie wieder im Ausland, um dort im selben Konzern eine Leitungsposition zu übernehmen. Entgegen der Skepsis im Bekanntenkreis sind sie gemeinsam nach Mittelamerika gezogen und fühlen sich dort sehr wohl. Zum ersten Mal ist sie zurzeit Alleinverdienerin, während ihr Partner sich hauptsächlich um die Kinder und kleinere berufliche Projekte kümmert. Auch im Ausland ist es üblich und gehört zum guten Ton, sich Hilfe im Haushalt zu holen.
6. Rückblick: Ihre wichtigste Entscheidung
Auf meine Frage nach der wichtigsten Entscheidung, die sie in den letzten Jahren getroffen hat, antwortet Vanessa: “Die Einsicht zu sagen: Hey, wenn wir denken, es ist der richtige Zeitpunkt für ein Kind. Dann entscheiden wir uns dafür.” In ihrer Partnerschaft haben sie auch immer offen über alles gesprochen: Finanzen, Karriere, Erwartungen an das Leben. Da beide zeitweise die Hauptverantwortung für das Familieneinkommen oder die Kinder getragen haben, kennen sie die Herausforderungen des anderen: „Es hilft ungemein, wenn man weiß, was der andere macht“, sagt sie. Diese gegenseitige Wertschätzung und das Verständnis für die jeweilige Rolle tragen wesentlich zu einem harmonischen Familienleben bei.
Was sie aus ihren Erfahrungen gelernt hat
1. Klarheit über die eigenen Ziele und offene Kommunikation
Vanessa betont, wie wichtig es ist, klare Ziele zu haben. „Als Frau und werdende Mutter muss man sehr genau wissen, was man will“, erklärt sie. Diese Zielorientierung hilft ihr, sowohl die beruflichen als auch die familiären Herausforderungen zu meistern. Sie und ihr Mann haben frühzeitig über ihre Karriere- und Familienplanung gesprochen. Sie kennen ihre Wünsche, Ziele und Grenzen sehr genau.
2. Unterstützung durch das Arbeitsumfeld
Ein weiterer Schlüssel zu Vanessas Erfolg ist die Unterstützung durch ihre Vorgesetzten und ihr Arbeitsumfeld. „Man braucht gute Führungskräfte, die einen im richtigen Moment unterstützen“, sagt sie. Vanessa hat sich aktiv für die Verbesserung der Kinderbetreuung in ihrem Unternehmen eingesetzt. „Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir flexible und bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten anbieten“, sagt sie. Solche Maßnahmen sind wichtig, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern.
3. Flexibilität und Mut
Vanessa hat nicht nur die alltäglichen Herausforderungen einer berufstätigen Mutter gemeistert, sondern auch besondere Situationen wie das Mutterwerden während eines Auslandseinsatzes erfolgreich bewältigt. „Der Auslandseinsatz hat uns gezwungen, sehr flexibel zu sein und Lösungen zu finden, die für unsere Familie funktionieren“, sagt sie. Diese Erfahrung hat sie gelehrt, dass es immer Wege gibt, beruflich und familiär erfolgreich zu sein, wenn man bereit ist, sich anzupassen und Unterstützung anzunehmen.
4. Partnerschaftliche Aufteilung der Care-Arbeit
Ein zentrales Thema in Vanessas Leben ist die partnerschaftliche Aufteilung der Care-Arbeit. Sie und ihr Mann haben von Anfang an eine gleichberechtigte Aufteilung der Aufgaben angestrebt. „Wir haben uns sehr genau abgesprochen.” Vanessa betont, wie wichtig es ist, dass beide Partner die Herausforderungen des jeweils anderen kennen und schätzen. „Es hilft ungemein, wenn jeder weiß, was der andere macht“, sagt sie. Diese gegenseitige Wertschätzung und das Verständnis für die jeweilige Rolle tragen wesentlich zu einem harmonischen Familienleben bei.
Mut und Inspiration
Vanessa und ihre Familie sind ein leuchtendes Beispiel dafür, wie individuell die erste Zeit mit Kind gestaltet werden kann.
Ihre Geschichte zeigt, dass es oft mehr Möglichkeiten gibt, als man denkt, und dass die richtige Unterstützung im beruflichen und privaten Umfeld entscheidend ist. Sie zeigt auch, dass es nicht den einen richtigen Zeitpunkt“ für die Familiengründung gibt. Die eigenen beruflichen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und gleichzeitig ein erfülltes Familienleben zu haben – dafür braucht es keinen optimalen Zeitpunkt: Klarheit, Entschlossenheit, offene Kommunikation und den Mut, den eigenen Weg zu gehen.
Liebe Vanessa, ich danke dir sehr für unser offenes Gespräch und dass du deine so einzigartige Geschichte mit mir und meinen Leser:innen teilst. Du und dein Partner seid eine Inspiration und ein echtes “Possibility Model” für die Vereinbarkeit von Familie und Karriere – denn ihr zeigt, dass vieles möglich ist, wenn man weiß, was man will. Vielen Dank!
Der Name der Interviewten wurde geändert, um die Privatsphäre der beteiligten Familienmitglieder zu respektieren.