5 No Go’s für First Mover: Tipps für die Einführung von Führen in Teilzeit und anderer innovativer Arbeitsmodelle
5 No Go’s für First Mover: Tipps für die Einführung von Führen in Teilzeit und anderer innovativer Arbeitsmodelle
von Diana Tübke

Hast du schon einmal von deinem Arbeitgeber gehört, dass gewisse Arbeitsmodelle, wie Teilzeitarbeit in Führungspositionen oder vollständig remote arbeiten, nicht möglich sind?
Vielleicht hast du konkrete Vorstellungen davon, wie du deine Arbeit gestalten möchtest, aber fühlst dich von den aktuellen Unternehmensrichtlinien eingeschränkt.
In diesem Artikel zeige ich dir, wie du als Pionier:in innovative Arbeitsmodelle in deinem Unternehmen einführen kannst.
Mein Name ist Diana, und ich war über zehn Jahre lang in verschiedenen Unternehmen im Bereich HR tätig. Heute bin ich Coachin für Vereinbarkeit von Karriere und Familie sowie Beraterin und Trainerin für Unternehmen, die sich für die Bedürfnisse berufstätiger Eltern interessieren.
5 No Go’s bei der Einführung von Führen in Teilzeit und anderen innovativer Arbeitsmodelle für mehr Vereinbarkeit
Ich habe in meiner HR-Zeit immer wieder Situationen erlebt, bei denen Mitarbeitende und Personalverantwortliche nicht zusammengefunden haben. Häufig, so meine Erfahrung, hätten diese Situationen auch anders ausgehen können, wenn beide Seiten eine konstruktive und lösungsorientierte Sichtweise verinnerlicht hätten.
Auch die Art und Weise, wie du als Mitarbeitende deinen Wunsch an deine Führungskraft oder das HR Team kommuniziert, hat einen großen Einfluss auf den Erfolg deines Vorhabens.
Wenn du also als Erste oder Erster in deinem Unternehmen:
- eine längere Elternzeit als Vater
- eine Rückkehr aus der Elternzeit in eine Führungsrolle in Teilzeit
- ein Job-Sharing-Modell
- eine Reduzierung deiner aktuellen Stunden in einer verantwortungsvollen Position
- einen Wechsel in eine Führungsrolle mit einem Remote-Vertrag
oder ähnliche Pioniervorhaben planst, dann behalte dir folgende No Go’s im Kopf.
1. Schlechte Vorbereitung und unklare Ziele
Häufig beginnen Mitarbeiter:innen, die nach einer neuen Arbeitsregelung fragen, mit unklaren Vorstellungen und wenig Vorbereitung. Sie geben vage Vorstellungen über ihre Stunden oder ihre Position preis, ohne konkrete Ziele zu setzen. Aus Angst das Gegenüber gleich mit vermeintlich “überzogenen” Vorstellungen zu schockieren, werden die eigenen Wünsche unklar formuliert.
Als Personaler:in ist es schwierig, solche Anfragen ernst zu nehmen, wenn die Erwartungen nicht klar kommuniziert werden. Es ist wichtig, sich im Voraus über die eigenen Bedürfnisse im Klaren zu sein und diese klar zu kommunizieren.
Unklar: “Ich würde gerne an ein paar Nachmittagen meine Kinder von der Kita abholen und dafür abends noch mal arbeiten.”
Besser: “Ich würde gerne montags und mittwochs meine Kinder um 15:00 Uhr von der Kita abholen und an diesen Tagen abends zwischen 20 und 22 Uhr nochmals online sein, um Emails zu beantworten, an Konzepten weiterzuarbeiten und an globalen Calls teilnehmen zu können.”
Natürlich kann an dieser Stelle auch die Bereitschaft zur Flexibilität geäußert werden. D.h. wenn die zeitliche Flexibilität gegeben ist, kann dies auch gesagt werden. Vielleicht muss es nicht montags und mittwochs, sondern bestenfalls an 2 Nachmittagen sein.
2. Falsche Perspektive einnehmen
Häufig argumentieren Mitarbeiter:innen für neue Arbeitsmodelle aus ihrer eigenen Perspektive, etwa in Bezug auf Kinderbetreuung oder Pendelzeiten. Stattdessen ist es effektiver, die Vorteile für das Unternehmen in den Vordergrund zu stellen. Indem man zeigt, wie das neue Arbeitsmodell die Produktivität steigern oder den Betrieb optimieren kann, erhöht man die Chancen auf Zustimmung seitens der Führungskräfte.
Das erfordert manchmal ein “Um-die-Ecke-denken”, denn der Veränderungswunsch ist in erster Linie in eigenen Interessen begründet. Es hilft sich bewusst zu fragen, welche Vorteile diese Anpassung für die Arbeitgeber:in hat.
So könnte das oben genannte Beispiel den Vorteil haben, dass in einem global aktiven Unternehmen die Randzeiten für Calls mit Kund:innen oder Mitarbeitenden in anderen Zeitzonen erleichtert.
Führt man ein internationales Team und möchte remote arbeiten, könnte man argumentieren, dass das Team sich so gleichermaßen berücksichtigt findet, da alle Termine online stattfinden und sich Mitarbeitende an anderen Standorten sich lokalen Mitarbeitenden gegenüber nicht benachteiligt finden. Das schafft eine bessere Teamatmosphäre.
Ein weiteres Beispiel ist die Gegenüberstellung der Alternative, falls das gewünschte Arbeitsmodell nicht umgesetzt werden kann. So könnte ein nicht genehmigter Remote-Antrag oder die Verwehrung von flexibleren Arbeitszeiten z.B. dazu führen, dass Stunden reduziert werden müssen. Hierbei ist wichtig, dass kein Drohszenario aufgebaut werden soll. Vielmehr geht es um eine sachliche Darstellung unterschiedlicher Alternativen.
⭐ TIPP ⭐
Oftmals scheitern First Mover am Hindernis der Präzedenz. Als HRlerin weiß ich, dass der erste Gedanke im Unternehmen häufig ist: “Und wenn dann alle kommen? Wenn ich das hier erlaube, dann muss ich das beim nächsten Fall gleich entscheiden.”
Hier lohnt es sich, das Szenario weiterzudenken:
Wie viele Mitarbeitende würden potentiell ähnliche Wünsche äußern?
Was ist das Risiko, wenn mehrere Mitarbeitende dieses Modell umsetzen und wo liegen vor allen Dingen die Chancen? Könnte das Arbeitgeber-Image dadurch gesteigert werden?
Gibt es Unternehmensziele, wie z.B. mehr Diversität, mehr Frauen in Führung oder ähnliches? Inwieweit tragt ihr dazu bei? Könntet ihr euch für Testimonials oder Social Media-Marketing (z.B. als Ambassador) anbieten?
3. Schwache Verhandlungsposition
Eine schwache Verhandlungsposition entsteht oft durch unzureichende Vorbereitung und Zeitmanagement. Wenn Mitarbeitende z.B. erst
- kurz vor Beginn der gewünschten Elternzeit
- kurz vor Ende der Elternzeit oder
- kurz vor Änderung der Betreuungszeiten
ihre Wünsche äußern, haben sie wenig Spielraum für Verhandlungen.
Klar, bei der aktuellen Betreuungssituation ist es nicht immer möglich langfristig zu planen. Doch da, wo es geht, lohnt es sich, einen nötigen Zeitpuffer einzuplanen, um nicht in die Lage zu geraten, alles annehmen zu müssen, um z.B. die Kinderbetreuung aufrecht zu halten.
Frühzeitige Planung stärkt die Verhandlungsposition und sorgt für Transparenz.
Auch gesetzlich geregelte Ansprüche, wie z.B. Elternzeit oder Teilzeit, lohnt es sich frühzeitig anzugehen (auch vor der gesetzlichen Frist). Gerade Rückkehrprozesse erfordern häufig etwas mehr Zeit und je früher die eigenen Vorstellungen bei der Arbeitgeber:in vorliegen, umso eher können sich Personalverantwortliche darum kümmern.
Auch Väter, die z.B. eine längere Elternzeit beanspruchen und auf ihre aktuelle Stelle zurückkehren möchten, tragen aktiv dazu bei, indem sie mit den Personalverantwortlichen planen, wer wie welche Aufgaben in der Abwesenheit übernimmt. Das geht umso besser, je mehr Zeit für diese Vorbereitungen zur Verfügung stehen.
⭐ TIPP ⭐
Schlage vor, das Modell probeweise auszuüben, damit beide Seiten für sich prüfen können, wie es funktioniert. Das ist nicht bei allen Modellen möglich. Aber gerade im Bereich Flexibilität von Arbeitszeit und -ort oder Stundenreduzierung, sind befristete Testphasen eine gute Möglichkeit, um sich anzunähern.
4. Schwaches Stakeholder-Management
Oftmals kennen Mitarbeiter:innen nicht die richtigen Ansprechpartner:innen oder haben keine klare Vorstellung von den Entscheidungsstrukturen im Unternehmen. Es ist wichtig, frühzeitig die relevanten Stakeholder zu identifizieren und eine Strategie zu entwickeln, wie man diese für das neue Arbeitsmodell gewinnen kann.
So ist das Verhältnis zur direkten Führungskraft vielleicht gut, aber die Entscheidungsstrukturen um diese Führungskraft herum werden unterschätzt. Oder es ist nicht klar, welche Regelungen es z.B. in Form von Betriebsvereinbarungen gibt.
Eine Vorab-Recherche zeigt auf, an welchen Stellen ihr Lösungen finden müsst und bereits proaktiv mit einbringen könnt.
⭐ TIPP ⭐
Eine Mindmap, auf der sämtliche Verbindungen und Regelungen dargestellt werden, kann hierbei sehr hilfreich sein. Wer trifft welche Entscheidung und wie sind eure Verbindungen zu dieser Person? Welche Sorgen oder Vorbehalte könnten die relevanten Entscheidungsträger:innen haben und wie könntet ihr diese vorwegnehmen?
5. Zu nachgiebige oder zu fordernde Art
Oftmals scheitern First-Mover-Vorhaben an einer vorschnellen Aufgabe oder einer zu fordernden Art.
Es erfordert Feingefühl, professionell und selbstbewusst aufzutreten, wenn es darum geht, neue Arbeitsmodelle vorzuschlagen. Ein unsicherer oder zu nachgiebiger Ton kann die Ernsthaftigkeit des Vorschlags beeinträchtigen. Eine zu dominante oder “Ich habe einen Anspruch darauf.”-Attitude führt häufig zu Gegenwehr. Es ist wichtig, selbstbewusst aufzutreten und die eigenen Fähigkeiten und Vorteile des neuen Arbeitsmodells klar zu kommunizieren, ohne dabei in ein Erpresserszenario einzusteigen (”Wenn ihr das nicht genehmigt, dann geh ich halt woanders hin.”).
Beides hat wenig Aussicht auf Erfolg.
Die besten Erfolgschancen gibt es ein einem Umfeld, in dem beide Perspektiven nachvollzogen werden und beide jeweils für die andere Seite mitdenken. Als Mitarbeitende können wir zwar nicht das Verhalten der Arbeit:geberin beeinflussen, aber wir können unser eigenes Verhalten positiv beeinflussen. Hierzu braucht es ein Mindset, das die 5 Punkte verinnerlicht und zu einer entsprechenden Haltung führt.
So geht’s besser
5 Tipps für First Mover
1
Vorbereitung ist alles
Informiere dich gründlich über das gewünschte Arbeitsmodell und sammle Beispiele für erfolgreiche Umsetzungen. Bereite dich auf mögliche Fragen und Einwände vor, um souverän und überzeugend auftreten zu können.
2
Schau durch die andere Brille
Stelle die Vorteile des neuen Arbeitsmodells für das Unternehmen heraus. Zeige auf, wie es die Produktivität steigern, die Mitarbeiterbindung stärken oder Kosten senken kann. Präsentiere dein Konzept so, dass der Win-Win für beide Seiten deutlich wird.
3
Spinne ein Netz
Identifiziere die relevanten Ansprechpartner:innen und Befürworter:innen in deinem Unternehmen. Baue frühzeitig Beziehungen auf und überzeuge sie von deinem Konzept. Suche nach Verbündeten, die dich in den Verhandlungen unterstützen können.
4
Plane Zeit ein
Beginne rechtzeitig mit deinen Vorbereitungen, um eine starke Verhandlungsposition aufzubauen. Plane sorgfältig und gib dem Unternehmen ausreichend Zeit, sich auf deine Vorschläge einzustellen und die nötigen Voraussetzungen zu schaffen.
5
Finde ein positives Mindset
Trete selbstbewusst auf und verhandle auf Augenhöhe mit dem Unternehmen. Sei klar in deinen Forderungen, aber auch bereit, Kompromisse einzugehen. Demonstriere deine Kompetenz und Überzeugungskraft, ohne dabei zu fordernd oder zu nachgiebig zu wirken.
Fazit
Die erfolgreiche Einführung neuer Arbeitsmodelle erfordert eine gründliche Vorbereitung, eine klare Kommunikation und das richtige Mindset.
Indem du die Perspektive deines Unternehmens einnimmst und die Vorteile deines Vorschlags hervorhebst, stärkst du deine Verhandlungsposition. Ein gutes Stakeholder-Management und ein respektvoller, aber selbstbewusster Auftritt erhöhen die Chancen auf Zustimmung. Denke daran, frühzeitig zu planen und flexibel zu bleiben, um gemeinsam mit deiner Arbeitgeber:in innovative Lösungen zu finden, die für beide Seiten vorteilhaft sind.
So kannst du als First Mover erfolgreich neue Wege beschreiten und dazu beitragen, dass dein Unternehmen eine attraktive Arbeitgeber:in wird.

Foto Credit: Sergey Novikov via Canva Pro